Beste O/Jollerer und Freunde des Einhandsegelsports,

 

Es ist mir eine Freude und Ehre den vom Drittplatzierten erwarteten Bericht für Euch ausformulieren zu dürfen.

Und wie stets bei meinen Berichten versuche ich die – zumindest für mich – interessanten Aspekte der Segelsportveranstaltung für die geneigte Leserschaft hervorzuholen.

Bitte erwartet also keinen „üblichen“ – aber was ist schon üblich? – Regattabericht, sondern ein höchst individuelles und gleichzeitig splitterhaftes Feuilleton über das was war, was nicht war und was hätte sein können, wenn nicht…

Ja, wenn´s nicht so gewesen wäre, wie´s eben war!

Also „Blitzlichter“, beginnend mit:

 

1) Die Eröffnung

Danke Christoph „Wie Weise“ Lissel für Deine Worte – sinngemäß:

„Vergesst nicht, dass wir hier, auch wenn wir miteinander im Wettkampf stehen, miteinander – also gemeinsam – unserer liebsten Nebensache der Welt nachgehen dürfen.“

Wie wahr, wie richtig, wie schön!

 

2) Johann Ohneland

Nein, nicht gemeint der englische König (1166 bis 1216), sondern „Johann Ohneland“  als Allegorie verstanden, welche Personen und Dingen schon im Namen ein Attribut hinzufügen, die uns klar machen, was hier zu wissen wäre. Also:
Röbeler Segler-Verein „MitGenugLand“ „Müritz“ e.V. – für uns tatsächlich kleinräumigen Österreicher ein Traum von Segelsportanlage.

Jetzt kenne ich ja in Summe nur 4 Segelvereine im ehemalige Osten, aber zumindest 3 von diesen sind weitläufig und bieten fast uneingeschränkte Platzmöglichkeiten –

Ich würde einmal sagen: In einen Röbeler Segler-Verein „Müritz“ passen drei bis vier durchschnittlich große österreichische Segelsportvereine.

Glücklicher „Osten“!

 

2) Richard Löwenherz

Natürlich wieder nicht der König, sondern das Bild vom Menschen mit einem „Löwenherz“.

Es gibt sie ja in allen Bereichen des Lebens, diese Menschen die einem Bewunderung und Anerkennung abverlangen und natürlich auch beim Segelsport.

Ich habe es für 100% richtig gehalten, als man im Zuge der Siegerehrung Olaf „Lionheart“ Wahrendorf vor den Vorhang gebeten hat.

Ja weil er der älteste Teilnehmer im Feld war, für mich aber, weil er eine Art von Seglerlebenseinstellung repräsentiert, die einem höchste Anerkennung abverlangen.

Natürlich alle Wettfahrten mitgesegelt.

Natürlich, wie alle die starten und nicht nur „wegfahren“, ein OCS in der Ergebnisliste (sic!).

Natürlich ein Top10 Ergebnis in der Wertung (6.).

Und gar nicht „natürlich“ in der letzten Wettfahrt bei +20kn noch einen 28. ins Ziel gefahren.

Löwenhaft!

 

3) Aufstehen, Krone richten und weitermachen

Ihr kennt alle die humorvolle Antwort auf die Frage: Was macht eine Prinzessin, wenn sie stürzt und hinfällt?

Siehe oben.

Und ob´s im Zuge der Genderisierung der Gesellschaft überhaupt noch „Prinzessinen“ geben darf, trau ich mich nicht zu beantworten, denn schon die Bezeichnung einer Person - noch dazu, wenn sie männlich sei - „Na Du bist aber eine Prinzessin“ ist ja schon abwertend, aber:

Das es uns immer wieder auf die Schnauze haut, das ist Fakt.

Daher hoffe ich, dass alle die im Laufe der Regatta „Schwieriges“ verdauen mussten, ungerecht behandelt wurden oder sich zumindest so fühlten, inzwischen den Ärger hinunter gespült haben und stärker und besser zurückkommen werden, als zuvor.

Ich hoffe es jedenfalls!

 

4) Genug ist doch genug

In Umkehrung des Liedtextes von Konstatin Wecker.

Denn als Wettfahrtleiter einer Meisterschaft oder einer höherwertigen Regatta bedarf es nicht nur:

Eine Luvtonne halbwegs in Windrichtung zu legen, sondern,

Bei instabiler Windrichtung muss er sich und uns Teilnehmern jede Minute der Wettfahrt die Frage beantworten:

Ist das meisterschaftswürdig? Oder nicht?

Bei Starkwind kentern die Teilnehmer, Boote müssen wegen Material-Bruch aufgeben:

Ist die Windstärke bzw. die bald erwartete Windstärke noch angemessen der Bootsklasse und der Regattaveranstaltung?

Mit Verständnis für Wetter und Segler hat die Wettfahrtleitung die Entscheidungen am letzten Tag getroffen.

Manch einer wäre noch gerne hinaus gefahren und andere waren ob der Windvorhersage schon am Heimweg, beides letztendlich egal für eine objektive Entscheidung.

Danke Dirk „the very responsible“ Köhn, dass Du uns dieser Tage zur Verfügung gestanden bist - Und Danke an Dein Team.

Leider sind wir heuer schon Meisterschaften gesegelt, wo das ganz und gar nicht der Fall war…

 

5) „Darf´s a bissal mehr sein“

Gebräuchliche Aussage österreichischer Fleischhauer:innen - transkribiert wahrscheinlich Wurstwarenverkäufer:innen – wenn sich beim Herunterschneiden der gewünschten Selchware auf der Abwaage ein etwas größere Grammatur (Wiegewert) einstellt als der von der Kunde beorderte.

Diese Frage zu beantworten hat sich in den Nachgesprächen der Wettfahrt bei +/-20kn als die wesentliche herausgestellt.

Ein bisschen mehr oder ein bisschen weniger Zug auf den Wanten?

Ein bisschen mehr oder ein bisschen weniger Vorstag?

Ein bisschen mehr oder ein bisschen weniger Traveller?

Wie sind die Fragen richtig zu beantworten, wenn einmal Fedde „Lightweight“ Sonnema und das andere Mal Harry „Bullpower“ Voss auf der O-Rakete sitzen?

Wahrscheinlich gar nicht.

Aber interessant wäre ein Vergleich der Einstellungen von Frank „Lightwindrocket“ Hänsgen mit Fedde und

Ein Vergleich zwischen Christian “Sitting Bull“ Seikrit mit Harry´s Einstellungen.

Das wäre eine interessante Aufgabenstellung für eine Starkwindtraining, aber jetzt bleiben diese Fragen wohl und übel unbeantwortet.

 

6) „Schau ma mal, dann wer ´ma sehen“

Wie wahr, wie wahr…

Denn zum Regatta Einmaleins gehört ja, dass sich der Segler beim Annähern der Bahnmarke – und wenn´s deren zwei gibt, wie bei einem Lee Gate umso mehr – überlegt, wo es nach der Tonnenrundung denn wohl hingehen soll?

Bei instabilen Windverhältnissen quasi ein Muss, um nicht von den Freunden Mitbewerbern in der Folge gnadenlos nach hinten durchgereicht zu werden.

Die Schulweisheit gilt natürlich auch, wenn man gleichzeitig zu acht zum Leefass kommt und auch dann, wenn man top 5 - also quasi alleine zum Fass kommt – dafür aber 60 Boote hinter einem in Luv aufgefächert jeden freien Blick auf die kommenden Windverhältnisse „verstellen“.

Wir wissen alle wie weh das tut, wenn man z.B. 10. bei der ersten Luvtonne ankommt um beim Zieldurchgang dann dreißig-irgendwas protokolliert wird.

 

6) „Glatt und verkehrt“

Gibt’s nicht nur beim Stricken, sondern auch beim Segeln.

Offensichtlich.

Die 6. und Starkwindwettfahrt war dadurch gekennzeichnet, dass die Windrichtung und die Wellenlaufrichtung aus dem Winkel waren.

D.h. Wellenlaufrichtung kam etwas von rechts zur Windrichtung.

Nach dem Start mit Segel links, wie üblich, war man erstaunt wie glatt die O/Jolle durch die doch beträchtlichen Wellen schnitt.

Das ändert sich nach der ersten Wende abrupt.

Plötzlich fühlte sich alles verkehrt an.

Das Boot war nach der Wende knallend gegen die Wellen kaum zu beschleunigen.

Endlich in Schwung gekommen hob einen die erste Welle in die Höhe, die darauf folgende Welle stoppte einen und bei der dritten Welle vom Set dachte man, ich fahre rückwärts…

Hmmm, schwierig, schwierig…

Mit möglichst viel Geschwindigkeit durchs Wasser (nicht über Grund) segeln, weniger auf Höhe und dafür auf mehr Speed achten, waren sicher gute Ratschläge.

 

7) Welle voll auf die Nase - Gibt’s denn da keinen Trick?

Nein.

Oder doch, aber nur, wenn der Kurs so liegt, wie er gelegen ist:

Den Steuerbordschlag möglichst spät, dh. möglich knapp unter Land fahren, wo die Wellen niedriger waren…

 

8) Schlecht?

Gab´s auch Dinge die schlecht gelaufen sind bei der IDM?

Meiner Wahrnehmung nach nicht.

Viele hatten natürlich Ihre persönlichen Niederlagen, wie auch ich mein persönliches Desaster, als ich mit Nachrang in Thies Boot gekracht bin…

Still very sorry Thies for my blackout!

 

Abschließend hoffe ich, dass es in nicht allzu ferner Zukunft wieder eine Veranstaltung im Röbeler Segler-Verein „Müritz“ geben wird und

Wie immer hoffe ich, dass nicht nur Andreas und ich, 2 wenige Alpen-Ösis, den Weg in den Norden finden!

 

Bis dahin „keep hiking“!

Euer martL

AUT171

 

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