Saisonstart in Südtirol
Seit Jahren höre ich vom Saisonbeginn am Kalterer See. In einer Winternacht habe ich die Entscheidung getroffen:
dieses Jahr wird endlich einmal früher mit dem Segeln begonnen. Wenn andere zum Frühjahrsskilauf fahren, werde ich Segeln gehen. Die Blütenregatta am Kalterer See rückt immer näher. Das Schiff muss noch aus dem Winterlager befreit werden. Einige Wohnmobile in der Halle müssen beseitigt werden, damit ich zu meiner O-Jolle komme. Endlich ist auch das geschafft. Oje. Kein Pickerl. Letztes Jahr ist es sich nicht ausgegangen…Wollte ich eigentlich gemütlich im Frühjahr machen. Jetzt ist ein rascher Termin beim Anhängerbauer meines Vertrauens nötig. Ok, ich werde eingeschoben. Es ist schon ein komisches Gefühl mit meiner O-Jolle im Schneegestöber unterwegs zu sein. Aber wer im März segeln will, muss auch verrückte Dinge tun. In der Tiefgarage werde ich von einer Kollegin angesprochen, was ich mit meinem Schiff um diese Zeit vorhabe. Lächelnd gestehe ich, dass ich segeln werde. Leichtes Kopfschütteln ist die Folge. Noch eine Warntafel für Italien gekauft und die O-Jolle fertig verzurrt. Es kann direkt nach der Arbeit am Freitag Nachmittag losgehen. Auf nach Italien.
Als wir nachts im Club ankommen, ist es sehr finster. Nur eine kleine Truppe aus Bayern sitzt im Dunkeln bei der Brotzeit. Das Schiff wird abgestellt und ab ins Hotel. Am Samstag Morgen Aufstehen bei Sonnenschein. Ja - die Fahrt hat sich bereits rentiert, es ist wärmer als in Salzburg. Der Frühling kann kommen. Ab in den Club und erst mal meine O-Jolle aufbauen. Habe ich alles dabei? Hatte nämlich keine Zeit zu Hause alles noch mal zu kontrollieren. Zum Glück habe ich Fotos am Handy, wie die Schotführung letztes Jahr war. Ein Winter ist schon lange und meine Hirnzellen sind eben nicht mehr die Jüngsten. Zu meinem Erstaunen schaut die O-Jolle nach dem Aufriggen komplett aus. Ich glaube, damit kann ich segeln.
Beim Blick auf den See erinnere ich mich an die Aussage: hier gibt es nur Thermikwind ab Mittag. Ok, dann zum ersten Event. Der Club hat ein wunderbares und sehr schmackhaftes Buffet aufgebaut. Der Sturm auf das Buffet wurde durch unsere Erziehung etwas gebremst, aber sehr schnell waren alle gesättigt, begleitet von gutem Wein und Bier.
Aus Österreich waren diesmal die 3 Heils (Martin, Thomas und Bernhard) zur Familienmeisterschaft, sowie Tom, Horst und ich angereist. Tom und die 3 Heils waren hoch motiviert und perfekt vorbereitet, durch das Frühjahrstraining am Gardasee. Wie üblich haben sich alle sehr schnell zu den Diskussionen um die Boote versammelt und die Ideen, die im Winter geboren oder schon umgesetzt wurden, wurden kommentiert.
Als am Nachmittag der Wind so langsam ansprang, begaben sich alle aufs Wasser. 28 O-Jollen und 16 Finns sind ein staatliches Feld. Nur der Wind wusste nicht recht aus welcher Richtung er wehen sollte. So nutzten viele die Zeit zu ersten Trainingsschlägen in der neuen Saison. Die Truppe, die bereits am Gardasee trainieren war, nahm die Sache etwas gelassener. Manchmal hatte ich das Gefühl, ich bin im Winter eingerostet. Langsam kamen die Abläufe am Schiff aber wieder zurück. Gegen Abend, als die Sonne bereits hinter den Bergen unterging, stabilisierte sich der Wind langsam. Nur die Richtung passte nicht auf den See. So konnte ich mich mit einem Steuerbord-Start im Vorderfeld einreihen. Ja - einreihen ist richtige Ausdruck, denn es war eher ein Einbahnsegeln und keine wirkliche Kreuz. Die Wettfahrt wurde gerade noch rechtzeitig vor der Abendflaute verkürzt.
Aber das Schicksal des Vorjahres - ohne eine Wertung nach Hause zu fahren - blieb uns erspart. Am Sonntag mit einer Startbereitschaft um 13:00 begann der Tag recht gemütlich. Natürlich gab es wieder eine wunderbare Verköstigung durch den Club. Diesmal Weißwürste. Und ja, sie wurden noch vor 12 Uhr serviert. Der Wind wollte sich aber nicht einstellen. Die Wetterprognosen der verschiedenen Handy-Apps zeigten vor allem eines: es kommt Schnee und Regen. Also keine Thermik. Es kam langsam Unruhe ins Feld. Und da für viele noch eine lange Heimreise mit Schnee und dann Arbeit am nächsten Tag wartete, packte das halbe Feld zusammen und trat die vorzeitige Heimreise an. Für die Abreisenden zum Leidwesen, für die Verbliebenen zur Freude, baute sich ab 16:00 dann doch noch eine steife Brise auf und es konnte eine Wettfahrt gesegelt werden.
Gewonnen hat Göran Feise vor Jörn Cordbarlag und Gerd Zimmerly. Alle 6 Österreicher traten vorzeitig die Heimreise an. Somit ist das Resultat für uns leider nicht mehr relevant. Aber trotzdem war der Saisonstart in Südtirol eine Reise wert und verlangt nach einer Wiederholung nächstes Jahr!
Gernot Diem (AUT 9)